„Loslassen…“

Loslassen…

Was gibt uns Sicherheit? Wenn ich diese Frage stelle, bekomme ich Antworten wie etwa „meine Familie“, „mein Job“, „meine Freunde“, „mein/e Partner/in“, „meine Wohnung“, „meine Ausbildung“, etc. Wir schaffen uns ganz viele Dinge in unserem Leben, die uns sicher fühlen lassen. Was ist Sicherheit eigentlich? Objektiv gesehen und per Definition das Nichtvorhandensein von Gefahr, also ergeben all diese Antworten auch Sinn. Durch mein Haus erlebe ich Schutz vor Wetter und Umwelt, durch meinen Job oder meine Ausbildung bin ich finanziell abgesichert und muss nicht an Hunger oder Armut leiden, Menschen sind für mich da, wenn ich etwas brauche oder „in Gefahr“ komme.

Aber was ist mit der subjektiven Betrachtung? Die subjektive Furcht vor Gefährdung – ganz einfach unsere Ängste. Ganz simpel ausgedrückt, ich fühle mich sicher, wenn ich keine Angst habe. Daher verstehe ich auch den Ansatz Sicherheit an externen Zuständen fest zu machen, welche mir meine Ängste nehmen. Ich habe Angst vor Einsamkeit, aber mein Partner verspricht mir sein Leben mit mir zu verbringen. Ich habe Angst davor so arm zu sein, so wie es meine Eltern damals waren, aber meine Ausbildung/mein Job geben mir die Sicherheit nicht in so eine Lage zu kommen. Ich habe Angst, nicht zu entsprechen und nicht wertvoll genug zu sein, aber meine Freunde geben mir das Gefühl gebraucht und erwünscht zu sein. Vermutlich finden wir in mehr Dingen Sicherheit als wir denken, aber auch jene könnten etwas über unsere Ängste sagen. Vielleicht fühlen wir uns sicherer in der letzten Reihe, weil da die Furcht angesprochen zu werden geringer ist? Vielleicht fühlen wir uns sicherer mit der Mode zu gehen, weil da die Angst nicht zu gefallen, schwindet? Vielleicht fühlen wir uns sicherer mit vielen Likes und Kommentaren, weil da die Angst, nicht dazuzugehören oder nicht interessant zu sein abnimmt? Vielleicht versuchen wir unbewusst unsere Ängste im Außen zu bearbeiten? Ich sage bewusst unbewusst, weil vermutlich oft die Reflexion fehlt, zu sagen „ich bin mitunter mit meinem Partner zusammen, weil ich nicht allein sein möchte“ oder „ich bin in sozialen Medien nur so aktiv, weil ich versuche meinen Selbstwert im Außen zu heben“. Ich denke, ein guter erster Schritt könnte folgender sein: sich selbst zu fragen, wo habe ich das Gefühl „ich muss das jetzt machen“? Muss ich unbedingt in diesem Job bleiben? Muss ich unbedingt in dieser Beziehung bleiben? Muss ich unbedingt einen Partner finden? Muss ich unbedingt dieses Auto haben? Muss ich unbedingt genau das haben oder so sein? Und vor allem: Warum?

Es könnte doch sein, dass durch die Abwendung solcher Gefährdungen, also durch die Auflösung so mancher Ängste, eine Form von Freiheit entsteht, welche eine ungestörte Eigenentwicklung auslöst und dadurch zu innerer Sicherheit oder gar Glück führt? 

Ist der Weg dahin ein harter? Vermutlich ja…

Ist der Weg dahin ganz einfach? Vielleicht ja…

Stellen wir uns doch ganz einfach mal vor wie es wäre nichts haben zu wollen. Wie wäre es absolut keine Erwartungen an unsere Lebensgefährten zu haben? Wie wäre es wohl, sich von allen Umständen zu befreien, alle Abhängigkeiten zu lösen und für all die schönen Gefühle und Glücksmomente selbst verantwortlich zu sein? Und jetzt stellen wir uns vor, dass man dazu an den Lebensumständen nichts verändern muss – lediglich in uns drinnen bedarf es an Loslassen. Loslassen der Ego-Wünsche, der Bewertungen, der Meinungen, der Erfahrungen und vor allem: Loslassen der Vergangenheit. Wie soll das aussehen? Wie lasse ich wirklich los? Ich will doch… und vor allem will ich nicht, dass… Der Verstand gibt uns viele Gründe warum wir etwas brauchen, haben wollen, oder warum etwas genau so sein muss. Aber wie wäre es wohl den Verstand und alle dazugehörigen Gedanken genauso loszulassen? Absurd und unvorstellbar? Vielleicht aber auch eine aufregende Reise… 

Désirée Böhm